Mikrozensus belegt eindeutig: Erwerbstätige Raucher und Ex-Raucher um rund 40 Prozent häufiger krank als Nie-Raucher

Es ist amtlich: Raucher und Ex-Raucher sind häufiger krank als Nie-Raucher. Zum wiederholten Mal zeigt der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes und der statistischen Landesämter, dass das Rauchen sowohl das Gesundheitswesen als auch die Wirtschaft mit vielen Milliarden Euro belastet. Die Bundesregierung und ihren Gesundheitsminister scheint das nicht zu interessieren. Sie unterlassen alle Maßnahmen, die den Tabakkonsum mindern könnten, angefangen von einem umfassenden gesetzlichen Nichtraucherschutz bis hin zur Abschaffung der Tabakwerbung und der Einführung eines Krankheitszuschlags auf alle Tabakwaren zugunsten der Krankenkassen.

Der Krankenstand der beschäftigten Arbeitnehmer ist "ein beachtlicher Kostenfaktor für Betriebe und Verwaltungen, die Krankenkassen und die gesamte Volkswirtschaft", heißt es im 1. Werkstattbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit vom 30. Januar 2002. Die krankheitsbedingten Fehlzeiten pro Arbeitnehmer lagen im Jahr 2000 bei etwa 60 Ausfallstunden. Für die gesamte Volkswirtschaft ergaben sich 2,070 Milliarden Ausfallstunden an Arbeitszeit.

Laut Fehlzeiten-Report 2010, einer gemeinsamen Publikation des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und der Universität Bielefeld, stieg der Krankenstand im Jahr 2009 im Vergleich zu 2008 von 4,6 auf 4,8 Prozent. Die durchschnittliche Dauer einer Arbeitsunfähigkeit lag bei 17,3 Tagen. Die Daten, die auf den Fehlzeiten von 9,7 Millionen bei der AOK versicherten Erwerbstätigen basieren, zeigen auch deutliche Unterschiede nach Branchen und Tätigkeiten. Viele Arbeitsunfähigkeitstage weisen Straßenreiniger (28,8 Tage), Waldarbeiter (25,1 Tage) oder Helfer in der Krankenpflege (24,9 Tage) auf. Vergleichsweise wenige Fehltage gibt es der Statistik zufolge bei Hochschullehrern (4,9 Tage), Ingenieuren (6,3 Tage) oder Ärzten (7,1 Tage).

Die Ausgaben der Unternehmen für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall lagen laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 2006 bei 29,6 Milliarden Euro. Wenn Raucher und Ex-Raucher um 40 Prozent häufiger krank sind als Nie-Raucher, können sich die Unternehmen, aber auch der Wirtschafts- und der Finanzminister leicht ausrechnen, welches Sparpotenzial rauchfreie Arbeitsplätze und nichtrauchende Arbeitnehmer bieten.

Woher stammen die 40 Prozent?

Beim jährlichen Mikrozensus wird 1 % der Bevölkerung (340 000 Haushalte mit rund 700 000 Personen) befragt. Manche Themenkomplexe stehen nur alle vier Jahre an. Dazu zählen die Fragen zur Gesundheit: "Gesundheitszustand (Kranke und Unfallverletzte)", "Krankheitsrisiken (Rauchgewohnheiten)" sowie "Körpermaße (Größe, Gewicht, Body-Mass-Index)". In die Auswertung der Fragen zu den Rauchgewohnheiten werden nur Personen über 15 Jahre einbezogen.

Seit 2005 wird der Mikrozensus als kontinuierliche Erhebung mit gleitender Berichtswoche durchgeführt. Bei dieser Erhebungsform verteilt sich das gesamte Befragungsvolumen der Ein-Prozent-Stichprobe gleichmäßig auf alle Kalenderwochen des Jahres. Damit geben die Ergebnisse des Mikrozensus Aufschluss über die gesamte Entwicklung im Durchschnitt des Erhebungsjahres. Vor 2005 wurde das Ergebnis von der Jahreszeit beeinflusst, in der die Erhebung stattfand. Der Krankenstand liegt z.B. nicht zu allen Jahreszeiten auf demselben Niveau. Der Mikrozensus ist eine Zufallsstichprobe, bei der alle Haushalte die gleiche Auswahlwahrscheinlichkeit haben. Dazu werden aus dem Bundesgebiet Flächen (Auswahlbezirke) ausgewählt, in denen alle Haushalte und Personen befragt werden. Ein Viertel aller in der Stichprobe enthaltenen Haushalte (bzw. Auswahlbezirke) wird jährlich ausgetauscht. Folglich bleibt jeder Haushalt vier Jahre in der Stichprobe.

Das erste Diagramm zeigt, dass Ex-Raucher und aktuelle Raucher in den letzten vier Wochen vor der Befragung um das 1,37fache häufiger krank waren als Nie-Raucher. Mit anderen Worten: Ex-Raucher und aktuelle Raucher sind um rund 40 Prozent häufiger krank gewesen als diejenigen, die nie geraucht haben.

Daten der Ex-Raucher erst auf Anforderung

Fast immer werden Ex-Raucher und Nie-Raucher gemeinsam als Nichtraucher ausgewiesen. Nicht anders handelte das Statistische Bundesamt in seiner Veröffentlichung zu den "Rauchgewohnheiten der Bevölkerung" vom 28. Mai 2010 (Artikelnummer 5239004099004). Während in sechs von sieben Tabellen zum Rauchen die Ex-Raucher als Teil der Nichtraucher zumindest ausgewiesen wurden ("darunter frühere Raucher"), fehlte ausgerechnet in der Krankentabelle die Unterscheidung. Das Statistische Bundesamt war jedoch sofort bereit, der NID die gewünschten Daten als Excel-Datei zur Verfügung zu stellen.

Warum gehören Ex-Raucher und Raucher in eine Gruppe?

Antwort darauf geben die beiden Diagramme auf der vorhergehenden Seite. Sie zeigen, dass Ex-Raucher häufiger krank sind als aktuelle Raucher. Wenn man wie hier Ex-Raucher mit Nie-Rauchern zusammenlegt, heißt das, für zwei Extreme einen Durchschnitt zu bilden.

Warum sind Ex-Raucher häufiger krank als aktuelle Raucher?

Rauchen macht süchtig. Die geringen langfristigen Erfolgsquoten von 5 bis 20 Prozent bei den verschiedenen Tabakentwöhnungsmethoden belegen, dass Raucher vorwiegend erst dann zu Ex-Rauchern werden, wenn der Leidensdruck sehr stark geworden ist, wenn sich teilweise schwere chronische Krankheiten bzw. irreversible gesundheitliche Schäden eingestellt haben.

Wie stark sind die Gruppen?

Die Tabelle zeigt, dass die beiden Gruppen: Nie-Raucher (48, 4 %) auf der einen sowie die Ex-Raucher und Raucher auf der anderen Seite (51,6 %), fast gleich groß sind. In der zweiten Hälfte der 50 Jahre Erwerbstätigkeit verdoppelt sich die Zahl der Ex-Raucher nahezu (von 13,1 % auf 23,6 %). Dagegen nimmt die Zahl der Nie-Raucher um rund 5 Prozentpunkte ab. Das ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass der Rauchbeginn erfahrungsgemäß in das erste Jahrzehnt der Erwerbstätigkeit fällt.

Wie können Arbeitgeber Kosten senken?

Das Rauchverhalten hat einen spürbaren Einfluss auf die Krankheitshäufigkeit und in der Folge auch auf die Höhe der Entgeltfortzahlung und die Wettbewerbsfähigkeit eines Betriebes. Der Arbeitgeber könnte zum Beispiel Nichtraucher bevorzugt einstellen bzw. befördern und im Betrieb den Nichtraucherschutz konsequent umsetzen. Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, dass es außerdem wichtig ist, das Rauchen im Betrieb zu erschweren und nicht zu erleichtern. Empfehlenswert ist:

  • keine Bezahlung von Raucherpausen
  • Begrenzung der Zahl der Raucherpausen
  • Schließung von Raucherräumen und Verlagerung des Rauchens ins Freie

Darüber hinaus sollte der Arbeitgeber Raucher bei der Tabakentwöhnung unterstützen, eingedenk der Tatsache, dass die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall mit der Dauer des Rauchens korreliert. Nur wer vor Eintritt irreversibler Schädigung der Gesundheit mit dem Rauchen aufhört, erspart dem Betrieb Kosten. Zusätzliche Anreize für Nichtraucher, zum Beispiel ein extra Urlaubstag oder eine Prämie, könnten schneller zum Attribut "rauchfreie Belegschaft" führen. egk

Quellen: Nichtraucher-Info Nr. 80 – IV/2010 und Nichtraucher-Info Nr. 97 – I/2015