Tabakrauchbelastung im Auto

Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit untersuchten Mitarbeiter des Bayerisches Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 2017/18 die „Schadstoffbelastung von Pkw-Innenräumen beim Rauchen unterschiedlicher Rauchsysteme“ – so der Projekttitel. Hier Auszüge aus der Zusammenfassung im Abschlussbericht zum Forschungsprojekt:

Tabakrauch ist ein komplexes Gemisch aus zahlreichen gesundheitlich bedenklichen Substanzen, die beim Verbrennen des Tabaks entstehen, und der mit Abstand gefährlichste, leicht vermeidbare Innenraumschadstoff. Besondere Bedeutung kommt dem Rauchen im Fahrzeuginnenraum zu, da hier in einem sehr kleinen Raum (ca. zwei bis fünf Kubikmeter) mit hohen Gehalten an tabaktypischen Substanzen gerechnet werden muss. Auch mitfahrende Nichtraucher und insbesondere Kinder könnten hier gesundheitlich bedenklichen Konzentrationen exponiert sein. Im Rahmen des vorliegenden Projekts wurde daher unter realen Expositionsbedingungen (im Fahrbetrieb) die Schadstoffbelastung (Feinstäube, flüchtige organische Verbindungen) von verschiedenen Pkw-Innenräumen während des Rauchens von IQOS, E-Zigarette und Tabakzigarette umfassend untersucht.

Für die Studie wurden 7 Autofahrer (einer männlich, 6 weiblich) mit ihrem Privat-Pkw und 7 Beifahrer (einer männlich, 6 weiblich) über einen LGL-internen Aufruf zur Studienteilnahme rekrutiert. Alle Freiwilligen waren aktive Raucher oder E-Zigarettenkonsumenten und stuften sich zum Zeitpunkt der Studie als gesund ein. Die Messfahrten fanden immer zur selben Tageszeit an 7 aufeinanderfolgenden Werktagen im November 2017 in München statt. An jedem Messtag wurde ein Fahrzeug beprobt, das unter verschiedenen Expositionsbedingungen (Rauchmittel, Raumbelüftung) einen 8,5 km langen Innenstadtkurs befahren musste. Von den beiden Personen im Auto rauchte ausschließlich der Beifahrer. Insgesamt wurden in 7 Pkw-Innenräumen während 49 Messfahrten Daten zum Raumklima und zur Belastung der Raumluft durch feine und ultrafeine Partikel (Anzahl- und Massenkonzentration) sowie flüchtige organische Verbindungen gemessen. Die Messinstrumente befanden sich dabei auf dem Rücksitz hinter dem Beifahrer und waren so positioniert, dass sie in der Atemzone eines potenziell mitfahrenden Kindes lagen.

Durch den Gebrauch der E-Zigarette stieg die Konzentration von Propylenglykol in 5 Pkw-Innenräumen auf 50-762 μg/m3, wobei der Richtwert I für Propylenglykol (RW I: 60 μg/m3) in 3 Fahrzeugen und der Richtwert II (RW II: 600 μg/m3) in einem Fahrzeug deutlich überschritten wurde. In 4 Innenräumen führte das Dampfen der E-Zigarette zu einem Anstieg der Nikotinkonzentration auf 4-10 μg/m3.

Ähnliche Nikotinbelastungen wurden auch beim Gebrauch des IQOS-Rauchsystems beobachtet (4-12 μg/m3). Das Rauchen von IQOS hatte nahezu keinen Einfluss auf die mittlere Anzahlkonzentration mikroskaliger Partikel und auf die PM2,5-Konzentration im Innenraum. Dagegen nahm die Anzahlkonzentration nanoskaliger Partikel in allen Fahrzeugen zu (1,6-12,3 x 104/cm3) und lag im Mittel 9-232% über der Hintergrundbelastung ohne Rauchaktivität. Wurde im Innenraum eine E-Zigarette gedampft, war dagegen ein starker Anstieg der PM2,5-Konzentration auf 75-490 μg/m3 zu beobachten (Kontrolle: 6-11 μg/m3). Im Vergleich zu IQOS setzte der Konsum der E-Zigarette mehr größere Partikel (> 300 nm) in der Raumluft frei, während die mittleren Anzahlkonzentrationen nanoskaliger Partikel tendenziell bei IQOS höher lagen.

Die höchsten Partikelbelastungen wurden in den Pkw während des Rauchens der Tabakzigaretten gemessen. Dabei stieg die mittlere PM2,5-Konzentration im Innenraum auf 64-1.988 μg/m3 (Kontrolle: 4-11 μg/m3). Die Verbrennung von Zigarettentabak führte auch zu einer Belastung der Raumluft mit tabaktypischen Substanzen wie Nikotin (8-140 μg/m3) und 3-Ethenylpyridin (8-14 μg/m3). Darüber hinaus wurden auch erhöhte Gehalte an Benzol (6-15 μg/m3), Toluol (15-46 μg/m3) und Furfural (4-29 μg/m3) festgestellt. Vergleichbare Schadstoffbelastungen wurden auch in der Raumluft von Rauchergaststätten gemessen. Als kritisch ist die Freisetzung von Aldehyden mit kanzerogenem Potenzial zu bewerten. In den Fahrzeugen stieg die Formaldehydbelastung durch Rauchaktivität auf 18,5-56,5 μg/m3 (MW Kontrolle: 6,2 μg/m3) und die Belastung mit Acetaldehyd auf 26,5-141,5 μg/m3 (MW Kontrolle: 5,2 μg/m3). Die Innenraumkonzentrationen von Formaldehyd und Acetaldehyd blieben jedoch bis auf eine Ausnahme in allen Pkw unterhalb des jeweils für die beiden Schadstoffe festgelegten RW I von 100 μg/m3.

Das Rauchen von IQOS, E-Zigarette und Tabakzigarette beeinträchtigt die Luftqualität in Pkw-Innenräumen durch Freisetzung von feinen und ultrafeinen Partikeln sowie organischen Verbindungen. Die Schadstoffbelastung und das damit einhergehende Gesundheitsrisiko für Mitfahrende lagen beim Rauchen von Tabakzigaretten mit Abstand am höchsten. Es wurden ähnlich hohe Schadstoffgehalte wie in der Raumluft von Rauchergaststätten gemessen. Bei der Verwendung von IQOS und der E-Zigarette ergab sich ein differenziertes Bild. Die beiden Rauchmittel unterschieden sich bei der Freisetzung von flüchtigen organischen Verbindungen und beim suchterzeugenden Nikotin nur gering voneinander. Im Gegensatz zu IQOS setzte die E-Zigarette aber hohe Mengen feiner Flüssigkeitspartikel (PM2,5) frei, die aus übersättigtem Propylenglykoldampf geformt werden. Die Partikel können tief in die Lunge eindringen und die Lungenfunktion beeinträchtigen. Bei Verwendung von IQOS waren dagegen deutlich höhere Gehalte an ultrafeinen, alveolengängigen Partikeln (Durchmesser: 25-300 nm) in der Raumluft nachweisbar. Die gesundheitliche Bedeutung für den Passivraucher ist derzeit unklar. Insgesamt stellen alle 3 Rauchtechniken vermeidbare Quellen für Innenraumschadstoffe dar (insbesondere für Nikotin und PM2,5) und sollten aus Gründen des vorsorgeorientierten Gesundheitsschutzes, vor allem von empfindlichen Personen wie Kindern und Schwangeren, nicht im Auto praktiziert werden.

Quelle: Nichtraucher-Info Nr. 111 – I/2019