Michelle Obama ist eine der überzeugendsten und beeindruckendsten Frauen der Gegenwart. Als erste afro-amerikanische First Lady der USA trug sie maßgeblich dazu bei, das gastfreundlichste und offenste Weiße Haus zu schaffen, das es je gab. Sie wurde zu einer energischen Fürsprecherin für die Rechte von Frauen und Mädchen in der ganzen Welt, setzte sich für einen dringend notwendigen gesellschaftlichen Wandel hin zu einem gesünderen und aktiveren Leben ein und stärkte außerdem ihrem Ehemann den Rücken, während dieser die USA durch einige der schmerzlichsten Momente des Landes führte. In ihrem Buch „Becoming – Meine Geschichte“ gibt sie auf Seite 141-142 ihre Einstellung zum Rauchen wieder:
Als ich noch ein Kind war, rauchten meine Eltern. Sie zündeten sich, wenn sie abends in der Küche saßen, Zigaretten an und besprachen ihren Arbeitstag. Sie rauchten, während sie später den Tisch abräumten, wobei sie manchmal ein Fenster öffneten, um frische Luft hereinzulassen. Sie waren keine starken Raucher, aber Gewohnheitsraucher und trotzig. Auch lange nachdem die Wissenschaft eindeutig herausgefunden hatte, dass es schädlich war, rauchten sie weiter.
Das machte mich verrückt und Craig (ihr älterer Bruder, Anm. d. Verf.) genauso. Daher fingen wir an, wie verrückt künstlich zu husten, wenn sie ihre Fluppen anzündeten. Wir verübten auch Sabotageanschläge auf ihre Vorräte. Als Craig und ich noch klein waren, holten wir uns einmal eine neue Schachtel Newports aus dem Regal und zerbrachen jede Zigarette wie eine grüne Bohne über dem Spülbecken in der Küche. Ein andermal tauchen wir die Enden ihrer Zigaretten in scharfe Soße und steckten sie in die Packung zurück. Wir hielten unseren Eltern Vorträge über Lungenkrebs, erzählten von den Schreckensbildern, die man uns in Filmen zur Gesundheitsvorsorge in der Schule gezeigt hatte – Bilder von Raucherlungen, dehydriert und schwarz wie Kohle, Tod auf Raten, Tod im eigenen Brustkorb. Als Kontrast hatte man uns rosige, gesunde, nicht von Rauch geschädigte Lungen gezeigt. Die Botschaft war so simpel – gut/schlecht, gesund/krank –, dass ihr Verhalten bestürzend wirkte. Man entscheidet selbst über die eigene Zukunft. Genau das hatten unsere Eltern uns immer gelehrt. Und doch sollte es Jahre dauern, bis sie das Qualmen endlich bleiben ließen.
Barack rauchte so wie meine Eltern – nach dem Essen, während er einen Block in der Stadt entlangging oder wenn er sich unsicher fühlte und nicht wusste, wohin mit seinen Händen. 1989 war Rauchen noch verbreiteter als heute, stärker im Alltag verankert. Erkenntnisse über die Auswirkungen des Passivrauchens waren noch ziemlich neu. Die Leute rauchten in Restaurants, Büros und Flughäfen. Aber ich hatte die Aufklärungsfilme gesehen. Deshalb war für mich und jeden vernünftigen Menschen, den ich kannte, Rauchen pure Selbstzerstörung.
Barack wusste genau, wie ich dazu stand. Unsere Freundschaft war auf freimütige Offenheit gebaut, was wir wohl beide genossen.
„Warum sollte jemand, der so klug ist wie du, so etwas Dämliches tun?“ Ich war damit schon am ersten Tag unseres Kennenlernens herausgeplatzt, als er unser Mittagessen mit einer Zigarette beschlossen hatte. Eine ehrlich gemeinte Frage.
Ich erinnere mich, dass er nur mit den Schultern zuckte und damit anerkannte, dass ich recht hatte. Man brauchte keinen Streit darüber anzufangen, keine ausgefeilten Argumente vorzubringen. Rauchen war das eine Thema, bei dem Barack die Logik einfach flöten ging.
Auf Seite 444 gibt es einen längeren Absatz, in dem etwas über die enorme Arbeitsleistung des US-Präsidenten Barack Obama im Jahr 2010 zu lesen ist, aber auch etwas über die Beendigung des Rauchens.
Die späten Arbeitsstunden waren für Barack schon immer die Zeit, in der sein Kopf ungestört arbeiten konnte. In diesen Stunden fand er Ruhe, um Ideen zu entwickeln, Informationen aufzusaugen und seiner inneren Landkarte neue Koordinaten hinzuzufügen. Im Verlauf des Abends kamen oft Mitarbeiter in den Treaty Room, um ihm neue Mappen vorzulegen, mit noch mehr Berichten, zusammengestellt von Mitarbeitern, die in den Büroräumen im ersten Stock Überstunden machten. Hatte Barack Hunger, brachte ihm ein Hausdiener einen Teller mit Feigen oder Nüssen. Das Rauchen hatte er inzwischen zum Glück aufgegeben, obwohl er gelegentlich noch Nikotinkaugummis kaute. An den meisten Wochentagen saß er bis nach Mitternacht am Schreibtisch, manchmal auch länger, las Memos, überarbeitete Reden und beantwortete E-Mails, während im Fernsehen ohne Ton der Sportsender ESPN lief. Immerhin legte er jeden Abend eine Pause ein, um den Mädchen (seinen Töchtern, Anm. d. Verf.) und mir gute Nacht zu sagen.
Michelle Obama: Becoming – Meine Geschichte, deutsche Erstausgabe, Goldmann Verlag 2018, ISBN: 978-3-442-31487-4, 26 €
„Die Geschichte hat bewiesen, dass keine Herausforderung zu groß ist für eine Welt, die zusammensteht.“
Barack Obama
Quelle: Nichtraucher-Info Nr. 113 – I/2020